Interview mit Jutta Wilke


1. Was inspirierte dich dazu, diese Geschichte zu schreiben? Woher kam die Idee für den Plot? 

Alles fing damit an, dass meine beste Freundin von Deutschland nach Österreich gezogen ist, weil sie sich via Internet in einen Österreicher verliebt hatte. Der neue Partner meiner Freundin lebt und arbeitet in der Kartause Mauerbach, die ja heute ein Museum ist. So habe ich das Kloster kennengelernt und konnte viele wunderbare private Führungen dort genießen. In einer sehr sehr kalten Nacht (ich durfte in einer restaurierten Mönchszelle schlafen und dummerweise war die Heizung ausgefallen, das Kloster lag aber dick verschneit) hatte ich dann die erste Idee zu meinem Plot für Holundermond.

2. Was erwartet einen beim Lesen des Buches? 

Nun, ich würde sagen, auf jeden Fall ein spannendes Abenteuer mit einem Schuss Fantasy, der zarte Beginn einer ersten Liebe und böse Mächte aus einer anderen Zeit ;-)

3. Durftest du bei der Covergestaltung ein Wörtchen mitreden? 

Jein. Das Cover eines Buches ist zunächst immer Sache des Verlags. Beim ersten Entwurf sah aber die Front der Kirche auf dem Cover noch anders aus. Eben so, wie man sich eine xbeliebige Kirche vorstellt. Ich habe dann ein Foto der echten Klosterkirche in den Verlag geschickt und der Grafiker hat das prima übernommen und umgesetzt.

4. Dein Roman ist augenscheinlich und laut Beschreibung und empfohlenem Alter sehr auf jüngere Jugendliche ausgerichtet. Würdest du das Buch dennoch auch älteren Jugendlichen und Erwachsenen empfehlen?

Ja, das würde ich. Ich habe schon viele positive Rückmeldungen bekommen und das Alter meiner Leser reicht bisher von 9 Jahren bis 80 Jahren. Und laut der Rückmeldungen hat jedem von ihnen Holundermond gefallen. Ich habe es tatsächlich als Buch für Kinder geschrieben, aber grundsätzlich hat für mich ein guter Geschichtenerzähler die Fähigkeit, alle Zuhörer (hier Leser) in seinen Bann zu ziehen, gleich welchen Alters. Auch ein Geschichtenerzähler auf einem Marktplatz im Orient würde sicher nie jemanden wegschicken, weil er zu jung oder zu alt für seine Geschichte ist, sondern er wird sie so erzählen, dass jeder etwas daraus mitnehmen kann. Das ist mein Ziel und daran arbeite ich.

5. Was ist das Beste daran, Kinder- und Jugendbücher zu schreiben? 

Das Beste für mich ist, dass Kinder sehr kritische Leser sind. Kinder lassen sich nicht von berühmten Namen oder irgendwelchen Preisen beeindrucken. Kinder wollen von einer Geschichte gepackt werden, ansonsten fliegt das Buch in die Ecke. Diese Ehrlichkeit ist es, die mich so tief beeindruckt. Außerdem sind Kinder zunächst mal offen für alles. Geht nicht, gibt’s für Kinder nicht. Eine berühmte Kollegin von mir sagte einmal: Wenn ein Thema für Erwachsene zu kompliziert ist, schreib ich ein Kinderbuch dazu.

6. Wird es einen Nachfolger für Holundermond geben? 

Bisher ist kein Nachfolger geplant, nein. Aber das kann sich natürlich noch ändern.

7. Wie lange haben Sie an Holundermond geschrieben? 

Von der ersten Idee bis zum vollständig überarbeiteten Manuskript habe ich drei Jahre gebraucht. Wobei ich allerdings nicht täglich nur an Holundermond geschrieben habe, sondern zwischendurch auch Schreibseminare machte und Kurzgeschichten als Auftragsarbeiten verfasste.

8. Sind die Protagonisten realen Personen nachempfunden? 

Nein, die sind alle meiner Fantasie entsprungen. Für Jan, Neles Vater, hatte ich das Bild eines bestimmten deutschen Schauspielers im Kopf, aber da ging es mir rein ums Äußerliche.

9. Ist es Ihnen schon mal beim Schreiben passiert, dass Sie nicht mehr aufhören konnten und die Zeit total vergessen haben? 

Oh ja, das passiert mir immer mal wieder. Das ist deshalb blöd, weil ich nur sehr eingeschränkte Schreibzeiten habe und dann plötzlich meine Kinder vor der Tür stehen und ich weder einkaufen war, noch Mittagessen gekocht habe. Einmal habe ich sogar vergessen, meinen jüngsten Sohn im Kindergarten abzuholen. Aber das ist mir bisher zum Glück nur ein einziges Mal passiert.

10. Haben Sie selbst aus diesem Buch einen Favoriten, mit dem Sie total mitfühlen? 

Ja, mein Favorit im Buch war Jan. Seine Begeisterung für seinen Beruf und der Spagat zwischen Familie, Arbeit und seiner Vaterrolle, das hat mich sehr für ihn eingenommen.

11. Würden Sie manchmal gerne in einem Ihrer Bücher mitspielen und den Personen helfen, so dass es doch anders kommt? 

Speziell in Holundermond würde ich einfach gerne manchmal mit Viviane in deren Küche sitzen und heißen Kakao trinken.

12. In welchem Land würden Sie ihre Bücher gerne veröffentlichen? 

Zunächst würde ich mich natürlich über jedes weitere Land freuen. Aber meine Favoriten wären natürlich England und auch Italien.

13. Was machen Sie gegen Schreibblockaden? 

Zunächst mal zitiere ich an dieser Stelle immer gerne meinen Kollegen Kai Meyer, der ja in einem Interview sagte: Schreibblockaden gibt es nicht wirklich. Das ist eine vornehme Umschreibung des Autors für das Wort Faulheit. Und da ist was dran. Natürlich gibt es Tage, an denen der Text nicht so fließt, an denen man statt 10 Seiten vielleicht nur 10 Sätze aufs Papier bringt. Dann heißt es, dranbleiben und eben langsam weiter machen. Wenn ich mal völlig feststecke, gehe ich meistens eine Runde joggen, das macht den Kopf wieder frei.

14. Haben Sie Tipps für junge Autoren, die ihre Bücher veröffentlichen wollen? 

Das ist schwierig zu beantworten, weil ich mich trotz meines fortgeschrittenen Alters ja selbst noch als „junger Autor“ sehe. Zunächst einmal gilt: Sehr genau über die einzelnen Verlage und deren Angebote informieren und schauen, ob das eigene Buch überhaupt dort hineinpasst. Einem Verlag, der nur Krimis veröffentlicht, einen Erstleser oder einen Liebesroman anzubieten, läuft nicht nur ins Leere, sondern macht auch keinen professionellen Eindruck. Dann sollten junge unveröffentlichte Autoren ein Buch immer auch fertig geschrieben haben, bevor sie es irgendwo anbieten. Eine Hilfe bei der Verlagssuche können Literaturagenturen sein, die den Markt einfach besser kennen und wissen, welcher Verlag überhaupt neue Manuskripte sucht. In diesem Zusammenhang ist mir eins ganz wichtig: Immer wieder fallen junge Autoren auf sog. Druckkostenzuschussverlage herein. D.h. sie bezahlen viel Geld dafür, dass ihre Werke gedruckt werden. Diese Vorgehensweise ist unseriös und für professionelle Autoren absolut nicht üblich. Ein professioneller Verlag bezahlt die Arbeit seiner Autoren statt Geld von ihnen zu verlangen. Hier also bitte besonders aufpassen!

15. Wie kommen Sie auf die Ideen zu ihren Büchern? Schreiben Sie an einem besonderen Platz oder können Sie immer und überall schreiben? 

Die Ideen für meine Bücher kommen mir wirklich immer und überall. Manchmal habe ich das Gefühl, sie liegen einfach auf der Straße herum und warten darauf, dass sie endlich jemand mit nach Hause nimmt und etwas daraus macht. Ich schreibe bei mir zu Hause am Küchentisch. Meistens. Sehr gut schreiben kann ich auch während langer Zugfahrten und grundsätzlich schleppe ich immer ein Notizbuch mit mir herum, damit mir Gedanken, die mir beim Schlafen, beim Einkaufen, Putzen oder bei anderen Tätigkeiten kommen, nicht verloren gehen.

16. Haben Sie eine Playlist zu dem Buch im Kopf? Und schreiben Sie mit Musik? 

Bevor ich ein Buch schreibe, entwerfe ich immer den kompletten Plot. Der umfasst je nach Buch zwischen 20 und 50 Seiten. D.h. die Kapiteleinteilung steht dann schon und ich weiß auch schon ziemlich genau, was in den einzelnen Kapiteln passieren soll. Erst danach fange ich an mit dem eigentlichen Schreiben. Mit Musik schreibe ich nicht, das lenkt mich zu sehr ab. Ich konnte aber schon früher nur sehr schlecht mit Musik Hausaufgaben machen oder lernen.

17. Was war das für ein Gefühl, Ihr fertiges Buch zum ersten Mal in der Hand zu halten? 

Das war ein unbeschreiblich tolles Gefühl! Am Anfang habe ich mich gar nicht getraut, das Buch aufzuschlagen. Stattdessen habe ich mir einen Piccolo gegönnt und ganz alleine auf diesen Moment angestoßen.

18. Wie ist das Gefühl jetzt, in eine Buchhandlung zu gehen du dort tatsächlich das Buch stehen zu sehen? 

Es ist ein komisches Gefühl, besonders in fremden Buchhandlungen. Ich schleiche dann manchmal so um die Regale, schaue mein Buch von weitem an (es ist ja fast überall super platziert) und kann es dann immer gar nicht fassen, dass es tatsächlich von mir sein soll.

19. Wie ist es, die Meinungen so vieler Menschen darüber zu hören oder zu lesen? Wie gehen Sie auch mit negativen Kritiken um? 

Zunächst einmal ist es unglaublich spannend, die Meinung anderer zu lesen. Denn erst dann kann ich ja sehen, wo habe ich meine Leser erreicht, wo habe ich sie enttäuscht oder was haben Sie anders oder falsch verstanden. Negative Kritik will natürlich zunächst niemand gerne lesen, aber wenn sie konstruktiv ist, dann ist sie im Grunde eine größere Hilfe als Lobpreisungen. Einfach weil ich dann sehen kann, wo kann ich etwas besser machen, wo kann ich noch etwas lernen.

20. Werden wir noch mehr von Ihnen zu lesen bekommen? 

Ja klar ;-) Bereits in wenigen Wochen erscheint ein weiterer Roman von mir. Der Titel: „Bitte zweimal Wolke 7“ unter dem Label Rebella bei Coppenrath. Der Klappentext: Hamburg, ich komme! Endlich Sommerferien. Endlich Kim (meine allerbeste Freundin) wiedersehen. Endlich Stefan (Typ meiner schlaflosen Nächte) erobern. So zumindest sieht Karos Plan aus ... bis Kim plötzlich anfängt, sich durch die Cyber-Welt zu knutschen ... ein paar Kilos zu viel Karos feste Vorsätze ins Wanken bringen ... Und warum ist Stefan plötzlich gar nicht mehr so traumhaft schön und unwiderstehlich? Das Buch ist eine freche Liebesgeschichte und für Mädchen ab 12 Jahre gedacht. Aktuell arbeite ich an einem weiteren Kinderbuch sowie an einem spannenden Krimi für Jugendliche.

21. Welche Bücher lesen Sie selbst am liebsten? 

Diese Frage ist schwer zu beantworten, weil ich querbeet fast alles lese, was im Kinder- und Jugendbuchbereich so erscheint. Und was mir am besten gefällt, hängt von meiner jeweiligen Stimmung ab. Der Märchenerzähler von Antonia Michaelis hat mich z.B. begeistert, ihre anderen Bücher mochte ich nicht so. Suche ich Krimis, lese ich sehr gerne Kevin Brooks, aber auch die Krimis von Monika Feth mag ich. Ich liebe die Bücher von Andreas Steinhöfel, lese sehr gerne die Kinderbücher von Bart Moeyaert, fand Numbers von Rachel Ward toll … es sind einfach zu viele. Ein einzelnes Vorbild habe ich eigentlich nicht. Sehr beeindruckt hat mich aber der Werdegang von Cornelia Funke, die ja auch relativ spät erst zur Kinderbuchautorin geworden ist.

22. Wie sind Sie auf den Namen „Holundermond“ gekommen? 

Ich mag sog. Einworttitel. Und ich wollte etwas Geheimnisvolles im Titel haben. Der Holunder und auch der Vollmond haben in dem Buch eine magische Funktion, so lag es nahe, diese beiden Begriffe zu einem zu verbinden. Holundermond war übrigens tatsächlich von Anfang an mein Arbeitstitel.

23. Was hat Sie dazu bewegt, Schriftstellerin zu werden? 

Mir sind in meinem ganzen Leben an allen Ecken und Enden Geschichten begegnet. Ich habe schon früher viele davon aufgeschrieben oder wenigstens skizziert. Irgendwann habe ich dann begriffen, dass Geschichten erzählt werden müssen, um lebendig zu werden.

24. Sind Sie am Erscheinungstag des Buches in den nächsten Buchladen gestürzt, um zu sehen, wie es dort aussieht? 

Ja klar! ☺

25. Ist es schwer, als Erwachsene Kinderbücher zu schreiben? 

Wenn man nicht vergessen hat, wie es war ein Kind zu sein, wenn man sich die Art, die Welt zu sehen, zu denken, zu fühlen, ein Stück weit erhalten hat, dann ist es nicht schwer.

26. Wie ist Ihr Tagesrhythmus? Haben Sie feste Schreibzeiten? 

Ich habe eine große Familie mit 5 Kindern. Deshalb ist mein Tag ziemlich genau durchstrukturiert. Um 6.00 klingelt der Wecker für alle, dann gibt’s einen ersten Kaffee im Bett für mich und meinen Mann, danach Frühstück mit den Kindern. Wenn dann ab halb acht alle aus dem Haus sind, gehe ich oft noch eine kleine Runde laufen, um fit zu werden für den Tag. Spätestens um halb neun sitze ich aber am Schreibtisch. Dann habe ich Schreibzeit bis zum Mittagessen. Der Nachmittag gehört meistens meinem Haushalt und meinen Kindern. Wenn ich viel zu tun habe, was aktuell der Fall ist, dann schreibe ich am späten Abend weiter, wenn alle Kinder schlafen oder mich zumindest nicht mehr brauchen. Wenn es zeitlich mit den Abgabeterminen mal ganz eng wird, dann lasse ich mir etwas einfallen. Z.B. fahre ich dann mit den Kindern auf einen Abenteuerspielplatz und schreibe dort. Auch in Ikea-Restaurants (Kino und Bällchenbad!) und Freizeitparks habe ich schon geschrieben. Aber das sind wirklich die Ausnahmen.

27. Haben Sie Holundermond in der Reihenfolge geschrieben, in der das Buch jetzt ist? 

Nein, nicht ganz. Ob wohl ich das normalerweise mache. Bei Holundermond gab es zuerst den Prolog, dann gab es lange Zeit nichts. Als ich merke, ich muss meinen Antagonisten besser kennenlernen, habe ich das getan und das heutige dritte Kapitel geschrieben (Dr. Holzer in seinem Büro). Erst danach konnte ich meinen Plot fertig schreiben und dann habe ich tatsächlich von vorne nach hinten geschrieben.

28. Lesen Ihre Kinder gerne? Wenn ja, was sind Ihre Lieblingsbücher? 

Meine Kinder sind so verschieden wie andere Kinder auch, d.h. ich habe Leseratten und Lesemuffel zu Hause. Meine Tochter, die ja schon erwachsen ist, liest am liebsten Fantasy- Bücher. Ihre Favoriten im Moment sind Kai Meyer und Markus Heintz. Die Lesemuffel bevorzugen Mangas. Meine Bücher lesen meine Kinder übrigens so gut wie gar nicht. Für sie ist meine Schreiberei ein ganz normaler Beruf.

29. Wie geht das Umfeld mit Ihnen um, jetzt, da Sie das Buch veröffentlicht haben? 

Meine Familie und meine Freunde behandeln mich nicht anders, als vor der Buchveröffentlichung auch. Und viele Menschen in meinem weiteren Umfeld, Nachbarn, Arbeitskollegen meines Mannes etc. wissen gar nicht, dass ich Bücher schreibe. Eigentlich hat sich also nicht viel verändert. Der größte Erfolg für mich persönlich ist, dass das Buch immerhin so gut ankommt, dass die Verlage weitere Bücher von mir wollen und ich weiter schreiben darf.

30. Wie sieht es mit Lesungen im Ruhrgebiet aus? 

Bislang sind dort keine Lesungen geplant. Einfach mal in Schulen, Bibliotheken oder Buchhandlungen nachfragen und sich dann mit mir in Verbindung setzten via Facebook oder meiner Homepage. Ich lese überall in Deutschland, wenn ich eingeladen werde. Am 29. Mai lese ich übrigens um 14.00 in der Klosterkirche der Kartause Mauerbach, also direkt am Handlungsort. Vielleicht kommt ja der eine oder andere Blogleser hier aus Wien oder Umgebung. Ich freue mich riesig auf diese Veranstaltung, die mein wunderbarer Verlag organisiert hat. Uff.. ich hoffe, ich habe jetzt alle Frage beantwortet und nichts Wichtiges vergessen. Abschließend möchte ich mich noch einmal bei allen, die mitgemacht haben, bedanken. Den Gewinnern der signierten Exemplare gratuliere ich recht herzlich. Ich werde die Bücher so schnell wie möglich auf den Weg bringen.

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