Ich habe mich sehr darüber gefreut das so viele an unserem Gewinnspiel teil genommen haben, vielen dank. Die Autorin Eva Lirot hat alle eure Fragen beantwortet, viele Fragen wurden aber doppelt gestellt, die Frau Lirot nur einmal beantwortet hat. Aus all den Teilnehmern haben wir einen Gewinner ermittelt.
And the winner is... Nadja Gawin
Und weiter geht es mit dem Interview, viel spass beim lesen und ein großes Dankeschön an Eva Lirot.
1. Woher nehmen Sie die Ideen/Themen für Ihre Bücher? Sind das meistens spontane „Eingebungen“ oder müssen Sie sich auch mal hinsetzen und überlegen, über was Sie noch alles schreiben können?
Es sind bisher immer spontane Ereignisse, die mich gefesselt haben, wie z.B. die Einführung von Viagra Ende der 90er – was sozusagen die Initialzündung für meinen Roman „Rendezvous mit dem kleinen Tod“ war. Und da ich ein von Natur aus neugieriger Mensch bin, der sich zudem ziemlich leicht von irgendetwas in Bann schlagen lässt ...
2. Wurde Ihnen schon mal von einem Verlag ein Thema vorgelegt, z.B. es muss ein Thriller, Liebesroman usw. sein?
Nein. Und ich bin mir nicht sicher, ob ausgerechnet ich zum Schreiben nach Auftrag taugen würde.
3. Wie lange brauchten Sie, um die ca. 200 Seiten des Buches „Seelenbruch“ zu schreiben?
Zum Schreiben etwa ein halbes Jahr. Davor hatte ich ca. genau so lange dafür recherchiert. Und dann kam die Phase der Überarbeitung. Die hat dieses Mal ein schlappes weiteres Jahr gedauert, weil ich unterwegs der arbeitsintensiven Eingebung gefolgt bin, den Handlungsschwerpunkt des Romans zu verlagern (weg von der Geschichte um Laura Münchberg, hin zu den Geschehnissen rund um Sebastian).
4. Haben Sie auch schon an zwei Büchern gleichzeitig geschrieben? Stelle ich mir als sehr schwierig vor
Ich auch
Und wenn ich mir vorstelle, dann erneut von einer Eingebung wie bei „Seelenbruch“ heimgesucht zu werden ... nein, nein, das mit dem Parallelschreiben lasse ich mal lieber hübsch bleiben.
5. Wie kamen Sie dazu Bücher zu schreiben?
Geliebäugelt hatte ich damit schon seit frühester Jugend. Seinerzeit bin ich aber nicht über das Genre Büttenrede rausgekommen. Konkrete Formen hat das Vorhaben erst während meines Studiums angenommen. Ich litt dort nämlich unter einer eklatanten Horizonterweiterung – und brauchte wohl ganz offensichtlich ein Ventil, um den daraus resultierenden Fragenüberdruck einigermaßen regulieren zu können ;-)
6. Wieso schreiben Sie mit Pseudonym?
Muss ich jetzt ein wenig ausholen: Der Grund, warum ich überhaupt schreibe, ist nicht die Selbstverwirklichung, sondern weil ich einen Weg gesucht hatte, auf Ereignisse hinzuweisen, die meiner Ansicht nach eine besondere Aufmerksamkeit verdienen. Und es ist etwas ganz anderes, eine Nachricht zu lesen (oder im Fernsehen zu schauen), oder bei einem Roman- oder Filmgeschehen mitzufiebern – die Geschehnisse also quasi selbst mitzu“erleben“. Letzteres bleibt auf jeden Fall nachhaltiger in Erinnerung.
Deshalb schreibe ich also Romane – und das Pseudonym ist dabei sozusagen mein Arbeitskittel. In den schlüpfe ich rein, um sicherzustellen, dass ich diesen selbstgestellten Anspruch zu keiner Zeit vergesse.
7. Wer weiß, dass Sie Bücher schreiben?
Inzwischen so ziemlich jeder, der mich unter meinem bürgerlichen Namen kennt. Und von einer gewissen Eva Lirot haben mittlerweile auch schon so einige was gehört ;-)
8. Verarbeiten Sie vielleicht sogar selbst erlebte Ereignisse in Ihrem Buch?
Keine eigenen Erlebnisse (zum Glück!) – aber durchaus eigene (Alp)Träume.
9. War es schon immer ein Traum von Ihnen Bücher zu schreiben?
Nun – ein zentrales Element in meinen Wunschträumen war bisher eigentlich immer, dass ich mich bloß nicht zu sehr verausgaben muss. Beim Bücherschreiben passiert aber in schöner Regelmäßigkeit genau das
10. Wo haben Sie für „Seelenbruch“ recherchiert? Ich meine damit natürlich nicht Internet oder vom Schreibtisch aus. Sondern vielmehr, an welchen Orten beispielsweise. Das wäre für mich sehr interessant.
Zunächst mal an sämtlichen Schauplätzen, die im Roman vorkommen: Sankt Bartholomäus-Dom – übrigens, den im Prolog genannten Beichtstuhl mit dem Gerümpel drin gab es wirklich . Uniturm bei der Senckenberg-Anlage, Turiner Straße, Bockenheimer Warte usw.
Zudem war ich im Zentralen Institut für Rechtsmedizin der Johann Wolfgang von Goethe-Universität und im neuen Gebäude des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main („Rendezvous mit dem kleinen Tod“ spielt noch im alten Gebäudekomplex in der Friedrich-Ebert-Anlage).
Und Jim Devcons Heimatstätte und Urlaubsdomizil in Texas, USA habe ich bereits mehrfach besucht (erstmalig schon für den Vorgängerroman).
11. Mord während der Bischofsweihe ... wie kommt man auf solch eine ungewöhnliche Geschichte?
Ich bin der Meinung, im Genre Thriller hat der Leser das Anrecht auf einen Reißer beim Einstieg. Also dachte ich mir einen aus. Und von den Romanthemenfeldern Unsterblichkeit und Missbrauch ist es ja nicht sehr weit bis zum Mord in einer Kirche ... ;-)
12. Krimigeschichten, die mit der Kirche zu tun haben, bedeutet dies für Sie auch eine Gratwanderung?
Definitiv nicht. Ich kenn mich nämlich ein bisschen aus in der Kirchengeschichte und kann Ihnen daher sagen, dass die Elemente Mord und Totschlag da auch schon ziemlich häufig vorgekommen sind ;-)
13. Wo würden Sie niemals eines Ihrer Bücher „spielen“ lassen?
Im Bundestag. Schlechte Protagonisten, ganz schwache Handlung – wenn überhaupt. Und das Verbrechen als Tagesgeschäft. Kann ich fiktional nicht überbieten. Und wenn ich es schöner darstellen würde, als es ist, befände ich mich automatisch im Genre des Märchens.
14. Schreiben Sie auch Science-Fiction-Romane?
Bisher nicht. Ich bin mit der Gegenwart derzeit vollkommen ausgelastet.
15. Sind Sie sehr streng katholisch erzogen worden?
Also ... alles woran ich mich in Sachen religiöser Erziehung erinnern kann, ist dieser kettenrauchende Pfarrer, der uns im Konfirmationsunterricht mit den Worten begrüßte: „Fangt schon mal an, ich hol mir erst mal´n Whisky.“ Kein Scherz!
16. Mich würde interessieren, wie Sie auf Ihren Künstlernamen gekommen sind. Welche Geschichte/Idee gibt es dazu?
Das Pseudonym Eva Lirot ist ein Anagram auf die einzige, mir bekannte Geschichtsgröße, vor der ich auch noch Respekt habe, „nachdem“ ich mich näher mit ihr auseinandergesetzt hatte: Voltaire.
17. Was ist Ihr liebstes Buch, das Sie bisher gelesen haben?
„Spätestens im November“ von Hans Erich Nossack. Weil ich dadurch gelernt habe, Fassaden auch als solche zu erkennen.
18. Wie lange dauert es von der Idee zum Buch bis zum fertigen Buch?
Bei meinem ersten Roman „Rendezvous mit dem kleinen Tod“ waren es insgesamt etwa fünf Jahre. Da hatte ich aber auch noch keine Ahnung davon, wie man überhaupt an einen Verlag kommt – und war außerdem noch mitten im Studium, d.h. die diversen Prüfungen und die Magisterarbeit hatten Vorrang.
„Seelenbruch“ steht mit etwa zweieinhalb Jahren auf der Uhr.
19. Kommen die Einfälle zu den Büchern spontan oder brauchen Sie lange Vorbereitungszeiten?
Für die Einfälle brauche ich nie eine Vorbereitungszeit. Die finde ich bisher quasi automatisch – und manchmal sogar schneller, als es mir lieb ist ...
Aber bis aus so einem „Einfall“ dann erst mal ein ganzes Romanprojekt wird, vergeht schon einige Zeit. Ein halbes Jahr ist das absolute Minimum bei der Vorbereitungs- bzw. Recherchezeit – und da darf dann aber wirklich nichts Außergewöhnliches dazwischenkommen. Außerdem war es bisher jedes Mal so, dass sich während des so genannten „reinen Schreibprozesses“ immer mal wieder neue zu klärende Fragen eingeschlichen haben ...
20. Haben Sie Vorbilder im Bereich Autoren? Und welche Genres bevorzugen Sie?
Da ich eine Vielleserin bin – die ihren Stoff quer durch das Bücherbeet erntet – entdecke ich ständig neue Autoren, die richtig gute Bücher geschrieben haben. Das Personal in der Rubrik „Vorbild“ wechselt also dauernd. Und dann kommt da noch hinzu, dass ich mich sehr stark daran orientiere, wie ich es „nicht“ machen sollte. Aber um konkrete Namen aus dem Bereich meiner „Anti-Vorbilder“ zu nennen, bin ich zu höflich.
21. Gibt es bestimmte Impulse wie z.B. absolute Ruhe oder gar der Trubel ringsum Sie rum, bei denen Ihnen die Ideen für Ihre Bücher kommen?
Für diese Impulse gibt es noch nicht mal einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Egal was ich tue, ich bin nirgendwo vor einer Idee sicher. Morgens beim Zähneputzen, in der Badewanne, auf einer Feier, im Supermarkt, nach dem dritten Glas Wein, beim Sport mit lauter Musik (die manche Leute schon Krach nennen), auf dem Golfplatz usw.
Und am extremsten ist es während des Schreibprozesses an einem konkreten Manuskript. Dann kreisen meine Gedanken wirklich ununterbrochen um den Stoff – was eine Flut kleiner gelber Klebezettel zur Folge hat, auf denen ich jeden Geistesblitz notiere – und von denen ich auch etliche sogleich wieder flugs entsorge ...
22. Wann haben Sie angefangen zu schreiben? (Auch seit wann, wie war der Anfang für Sie?)
Angefangen habe ich – wie bereits erwähnt – schon in der Jugend. Das war aber ein reines Vergnügungsschreiben.
Und das ist es größtenteils auch noch heute – bei aller Anstrengung. Denn wenn es anders wäre, dann würde ich es einfach sein lassen.
23. Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Morgens: Bürokram. Dann Recherche, E-Mails und Schreiben – unterbrochen von mindestens einer größeren Mahlzeit und einigen größeren Tassen Milchkaffee. Gegen 21 Uhr: Feierabend (manchmal früher, manchmal aber auch später). Das mit dem „typisch“ ist in meinem Fall also gar nicht so leicht.
24. Wollten Sie schon immer Schriftstellerin werden? Wenn nicht, was war Ihr Traumberuf?
Das Schriftstellern hatte schon immer einen gewissen Reiz für mich. Ich wollte aber auch mal unbedingt E-Gitarristin in einer Band werden. Das wussten meine Erziehungsberechtigten aber erfolgreich zu verhindern.
25. Was tun Sie bei einem Kreativ-Tief?
Ich verlasse meinen Schreibtisch und mache irgendwas anderes. Zum Beispiel Aufräumen ... und wenn ich mich hier mal so umschaue – vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn das nächste Tief nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen würde ;-)
26. Was bedeutet für Sie der Titel „Seelenbruch“?
Eine so starke Verletzung der Persönlichkeit oder auch Psyche eines Menschen, die – analog eines komplizierten Schädelbruchs – zwar behandelt, vielleicht aber nie wieder ganz geheilt werden kann.
27. Wie kommt man dazu, Thriller zu schreiben?
Nun, ich schreibe ja auch deswegen, um unsere Wirklichkeit abzubilden (bzw. das, was ich selbst als eine solche wahrnehme). Und da bin ich im Genre Thriller derzeit doch wirklich ganz hervorragend aufgestellt ;-)
28. Was denken Sie zum Thema Unsterblichkeit?
„Ewigkeit ist ein Experiment mit der Gier“. Das sagt die Romanfigur Laura Münchberg in „Seelenbruch“. Auch in biochemischer Hinsicht mache ich mir die Sicht von Münchberg zu eigen. Und philosophisch betrachtet wäre eine Unsterblichkeit für mich schlicht: die Höchststrafe.
29. Ihre Bücher haben ja immer etwas mit der Pharmabranche zu tun, sei es bei „Seelenbruch“ mit Enzymen oder bei „Rendezvous mit dem kleinen Tod“ mit einer Sexdroge. Hatten Sie vorher schon selbst mit der Pharmaindustrie zu tun oder einen medizinischen Beruf erlernt?
Ich habe zwar keinen medizinischen Beruf erlernt, kann aber einen vergleichsweise großen Bekanntenkreis aus diesem Bereich vorweisen – und zu meinem Wesen gehört es nun mal, auch das kleinste Infohäppchen wie ein Schwamm aufzusaugen ;-)
Und mit der Pharmaindustrie haben wir inzwischen alle zu tun, freilich mehr oder weniger unbewusst ...
30. Wie sieht ein typisches Eva-Lirot-Wochenende aus?
Aufwachen, auf die Uhr gucken – und feststellen, dass es wieder Mal verdammt knapp wird mit der Abschlagszeit auf dem Golfplatz. Frühstück im Auto. Dann etwa vier Stunden Golf, bei permanenter Konfrontation mit der immer gleichen Frage: Wieso fliegt dieser ... (zensiert!), kleine Ball eigentlich nie dahin, wo ich glaubte, ihn hingeschlagen zu haben? Bei Schlechtwetter steht statt Golf Wandern auf dem Programm. Denn Auslauf brauche ich auf jeden Fall. Abends: Geselliges Beisammensein – im Lauf der Jahre sammelt sich da ja so einiges an Leuten an – inklusive gutem Essen, Rotwein (zugegeben: manchmal ein bisschen viel) und fetziger Musik ... wobei Sie jetzt aber bitte weniger an eine Tuba als vielmehr an die E-Gitarre denken.
Hallo,
AntwortenLöschenherzlichen Glückwunsch an die Gewinnern und vielen Dank für die tollen Fragen und Antworten.
Hat Spaß gemacht dieses Interview zu lesen!
LG Ela