Anlässlich des Todes von Doris Lessing hat der Concorde Filmverleih zusammen mit dem Hoffmann und Campe Verlag kurz vor dem Filmstart zu einer Sondervorführung von „Tage am Strand“ geladen wofür ich mich herzlich bedanken möchte. „Tage am Strand“ ist die Verfilmung der Erzählung „Die Großmütter“ der britischen Literatur-Nobelpreisträgerin, die im Alter von 94 Jahren Ende November verstarb. Der Regisseurin Anne Fontaine ist eine einfühlsame Umsetzung der Story um zwei Freudinnen fürs Leben mit Naomi Watts und Robin Wright in den Hauptrollen und Xavier Samuel und James Frecheville als deren Söhne gelungen. |
Roz und Lil sind Freudinnen, und das schon immer. In einer traumhaften Bucht eines kleinen Badeortes in Australien sind sie zusammen aufgewachsen und gehen gemeinsam durch dick und dünn. Schule, beide heiraten, sie wohnen in nebeneinander liegenden Häusern, beide bekommen je einen Sohn, Tom und Ian. Auch diese wachsen heran mit der Unbeschwertheit von Sonne, Strand und Meer und sind unzertrennlich. Als ein Verkehrsunfall Lil den Mann und Ian den Vater nimmt, rücken die Freudinnen und Freunde noch enger zusammen. Roz’ Mann Harold akzeptiert diese enge Bindung. Über die Jahre fühlt er sich aber immer öfter ausgeschlossen. Und auch der freundliche Nachbar Saul, der nach dem Tode deren Mannes um Lil wirbt, hat keine Chance, was ihn zu der Vermutung bringt, dass die beiden Frauen lesbisch seien.
Als die Söhne herangewachsen sind, bekommt Herald ein Job-Angebot der Universität von Sydney und sagt zu. Aber seine Familie kommt nicht mit ihm. Roz kann und will ihre Bucht nicht verlassen und auch Tom will lieber da bleiben obwohl es beruflich in Sydney viel mehr Möglichkeiten für gäbe. Das zurückgebliebene Kleeblatt erlebt einen unvergesslichen Sommer. Denn neben der Freundschaft der Frauen und der jungen Männer haben sich noch andere Gefühle entwickelt. Ian gesteht Roz seine lange gehegte Zuneigung. Das bestärkt Tom ebenfalls seine Gefühle Lil zu offenbaren. Diese moralisch heikle Konstellation führt natürlich erst mal zum Konflikt, aber die Freundschaft der Frauen überwindet alle Grenzen und lässt die vier im Geheimen ihr Arrangement mit dem Sohn der Freundin genießen. Sie waren nie glücklicher!
Aber nichts währt ewig und als Tom doch beruflich nach Sydney geht, lernt er Mary kennen und lieben. Sie heiraten und gründen eine Familie. Lil ist am Boden zerstört, aber sie würde sich natürlich nie zwischen Tom und sein Glück stellen. Roz ist klar, dass auch Ian besser eine gleichaltrige Freundin hätte und beendet ihrerseits die eigene Beziehung. Ian verkraftet das nicht wirklich, tröstet sich aber nach einem Surf-Unfall mit Hannah, die ihn heimlich schon länger liebt, und heiratet diese nachdem sie ein Kind von ihm erwartet. Es folgen Tage am Strand mit den Freundinnen als Großmüttern, ihren Söhnen, deren Frauen und den beiden kleinen Töchtern, die auch unzertrennliche Freundinnen sind. Ist das das Ende für das Kleeblatt?
„Tage am Strand“ ist eine sehr berührende Geschichte, vor traumhafter Kulisse in Australien in Szene gesetzt und in ruhigen Bildern sehr sensibel von der Regisseurin Anne Fontaine („Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft“) umgesetzt. Am Anfang geht es flott durch die Zeit, von den beiden Freundinnen als Mädchen über ihre Ehen, mit den kleinen Söhnen und dem Tod von Lils Mann. Durch ein paar sehr gelungene Schnitte ist man bald da angekommen wo die Söhne quasi erwachsen sind und die eigentliche Story beginnt. Und schon ist man gefangen im ruhigen Rhythmus, dem intensiven Spiel von Robin Wright als Roz („Verblendung“) und Naomi Watts als Lil („King Kong“, ab Januar 2014 in „Diana“), dem Rauschen der Wellen, den coolen Surfer-Boys Xavier Samuel („Eclipse – Biss zum Abendrot“) und James Frecheville („Animal Kingdom“). Die Geschichte um die moralisch fragwürdigen Liebesbeziehungen ist extrem sinnlich und sehr romantisch.
Genauso gefühlvoll kommt das Buch daher, das auf dem Cover das Filmplakat zeigt: bezeichnender Weise Lil und Roz am Strand. Die Geschichte wird im Rückblick erzählt, ist im Film etwas anders umgesetzt, aber dieser trifft den Kern der Story sehr gut. Frau Lessing hat einen ausgesprochen flüssigen Schreibstiel. Es gibt auf den 844 eBook-Seiten keine weiteren Kapitel, die den Lesefluss stören können. So steht einem gemütlichen Nachmittag zur Lektüre nichts im Wege. Oder eben einem genüsslichen Kinobesuch.
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